Das war vor zwei Jahren am 01. Februar 2018.
Im Vorgriff auf die Große Koalition aus Union und SPD fiel im Bundestag eine folgenreiche Entscheidung: Der Familiennachzug für die Familienangehörigen von subsidiär geschützten Geflüchteten wurde bis zum 1. August 2018 weiter ausgesetzt.
Danach trat das sogenannte Familiennachzugsregelungsgesetz in Kraft. Aus den Visumsanträgen von Familienangehörigen von subsidiär Geschützten sollen 1.000 Personen pro Monat ausgewählt werden, die als „humanitäre Fälle“ einreisen dürfen. Aus dem Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung für Flüchtlinge wurde ein willkürlicher Gnadenakt im Ermessen der Behörden.
Die Erfahrungen seither haben gezeigt: Das Antragsverfahren ist kompliziert und die beteiligten Behörden bearbeiten die Anträge derart langsam, dass noch nicht einmal das ohnehin kleine Monatskontingent einreisen konnte.
Seit Monaten kann das Bundesverwaltungsamt keine 1000 „Humanitären Fälle“ unter den Visaanträgen von Familienangehörigen von Menschen mit subsidiärem Schutz auswählen, weil ihm dafür nicht genügend Anträge vorliegen. Das Bundesverwaltungsamt stimmt deshalb allen Anträgen zu. Trotzdem waren das seit August 2019 nur noch ca 800 Visaanträge pro Monat. (Quelle) Es kommt also nicht darauf an, wer dringendere „Humanitäre Gründe“ hat. Entscheidend ist nur einen Termin bei der Botschaft zu bekommen und die Frage, wie schnell oder langsam die zuständige Botschaft und die zuständige Ausländerbehörde den Antrag bearbeiten.
Offensichtlich ist das Visumsverfahren vom Bundesinnenministerium (BMI) bürokratisch überfrachtet worden, um den Familiennachzug weiter zu blockieren.
Wir haben die Menschen, die davon betroffen sind, gefragt, ob sie sich an diesen Tag erinnern und was die Aussetzung des Familiennachzugs für ihr Leben bedeutet. Hier dokumentieren wir ihre Antworten:
(Anmerkung der Redaktion: Die Originaltexte sind auf unserer Facebookseite zu lesen, sie wurden für diese Veröffentlichung grammatikalisch korrigiert oder aus dem Arabischen übersetzt und teilweise gekürzt.)
Mohammad N.
Die Situation ist katastrophal. Meine Kinder werden erwachsen und ich werde alt. Mir wurde meine Familie 4 Jahre lang geraubt und das fünfte Jahr hat begonnen. Leider. Das Aufenthaltsgesetz ist unfair.
Souryana S.
Leider lautete die Antwort nach vierjährigem Warten „Ablehnung“.
Diese Entscheidung und der Krieg haben meine Familie geteilt … Ich hoffe zu sterben. Ich kann nicht ohne meine Kinder leben. Ich kann nicht.
Fadi M.
Leider leiden wir bis heute. Und im Moment ist die Situation noch schlimmer geworden.
Souaad A.
Ich habe die Schwierigkeiten der Familienzusammenführung zweimal erlebt: Am Anfang musste ich drei Jahre lang meinen Sohn vermissen dann hat er mich und seinen Vater im Rahmen der Familienzusammenführung nachgeholt. Aber wir konnten uns nicht freuen, denn wir mussten zwei Kinder in Syrien lassen. Das war sehr schwer. Wir haben den subsidiären Schutz bekommen und das Szenario hat sich wieder wiederholt…
Nun ist die Familienzusammenführung wieder in Kraft getreten, das hat mich sehr froh gemacht, aber fünf Jahre lang habe ich in Schwierigkeiten gelebt. Es gibt nichts Schwierigeres als andauernd an seine Kinder zu denken zu müssen, vor allem wenn die Kinder minderjährig sind.
Gott sei Dank ist alles vorbei und die Familie wurde wieder zusammengeführt.
Lamia F.
Wir warten seit viereinhalb Jahren. Vor zwei Monaten hatten wir ein Interview und warten immer noch.
Watfa F.
Ich war sehr wütend an dem Tag, aber ich hatte auch die große Hoffnung auf Gott. Ich habe bis August gewartet und habe weiter gehofft, als die Familienzusammenführung wieder möglich war. Aber nun habe ich Angst, dass sie wieder ausgesetzt wird.
Safa A.
Ich bin Gott sei Dank froh, dass innerhalb von zehn Monaten meine Kinder bei mir waren. Ich hatte Glück in der Familienzusammenführung.
Faisal A.
Ja ich war dabei, auch bei vielen Demonstrationen und Kundgebungen und Briefen an das Bundestag ich weiß nicht ob ihr das auch miterlebt habt. Gott sei Dank ist mein Mann seit Juli 2019 in Deutschland.
Waffa A.
Ich gehöre zu denen die von dem Gesetz betroffen waren. Die Familienzusammenführung hat bei mir vier Jahre gedauert. Gott sei Dank habe ich es vor 8 Monaten geschafft. Aber als ich meinen Mann endlich wieder gesehen habe, hatte er sich in Europa verändert: Er hat eine andere kennengelernt und sie sind jetzt zusammen. Es ist sehr gut, dass er trotzdem mich nachgeholt hat, wegen der Kinder. Aber ich habe meine Ehe verloren und mein Mann ist mir nach vier Jahren Trennung fremd geworden, ich kenne ihn nicht mehr und er kennt mich auch nicht mehr. Er hat den subsidiären Schutz bekommen und wir mussten bis 2018 warten, danach hat das Visumsverfahren ein Jahr gedauert. Gott sei Dank, auch wenn es so ist.
Sausan S.
Ich warte seit vier Jahren, obwohl ich seit einem Jahr ein Anwältin beauftragt habe. Bislang gibt es nichts Neues, ich weiß nicht was dabei rauskommt. Wenn jemand eine Lösung hat, sollte er es mir sagen, meine Familie hatte im März ein Interview. Hoffentlich klappt es .
Lamis K.
Mein Sohn ist seit fünf Jahren in Deutschland und konnte bisher seine Frau nicht nachholen. Es geht zwischen den Gerichten und dem Bundesverwaltungsamt und der Ausländerbehörde hin und her, sie halten das Verfahren an wegen einem Datum, wegen einer Zahl. Ist es nicht tragisch? Eine Zahl, ein Datum verzögert alles.
Wir sind in ein Land gekommen, in dem es Regeln gibt und die Menschenwürde akzeptiert wird. Aber wir sind in eine Falle der Regelungen gekommen: Das deutsches Gesetz sagt die Flüchtlinge haben das Recht auf Familienzusammenführung, aber es wird in der Praxis nichts gemacht. Oft wird nach Möglichkeiten gesucht, die Familienzusammenführung zu behindern. Wo ist das Recht? Wo ist die Gerechtigkeit?
Yousef A.
Ja ich habe an dem Protest teilgenommen und es waren die schwierigsten Tage meines Lebens, Gott sei Dank ist meine Familie jetzt angekommen.
Rania K.
Ich war bei denjenigen, die gewartet haben. Gott sei Dank, bin ich seit einem Jahr in Deutschland hoffe das gleiche für alle.
Mira B.
Ich war bei denjenigen die gewartet haben und bin jetzt seit einem Jahr in Deutschland. Gott sei Dank, ich hoffe, dass es bei allen klappt.
Fadel A.
Das Schwierigste im Leben ist es, wenn du aufgrund deines Aufenthaltstitel und den Regelungen der Gesetze von deiner Familie getrennt wirst.
Fatima R.
Ja, so ist es meinem Sohn und mir passiert. Ich muss verzichten. Er hat keinen Flüchtlingsschutz bekommen bis er 18 geworden ist.
Khawla G.
Ich habe an der Demo teilgenommen, es waren bittere Tage. 4 Jahre habe ich gewartet danach kam mein Mann nach Schwierigkeiten, es ist bitter.
Mymo N.
Ja leider, alles was wir geträumt haben, war das der Mensch seine Träume erfüllen kann. Wir wollten nichts außer Frieden. Es ist ein Drama, wenn eine Mutter ihre Kinder alleine im Krieg versorgen und erziehen muss, zwischen Bombardierungen und und Explosionen. Sie haben uns von Frieden träumen lassen nun warten wir auf Familienzusammenführung mit der Hoffnung, dass wir in ein Land gegangen sind, in dem es Rechte gibt und das Frauenrechte und Kinderrechte hat. Aber es hat sich fast nichts geändert.
Firas A.
Bis jetzt habe ich keinen Familienzusammenführung geschafft, meine Tochter ist minderjährig, ich habe den subsidiären Schutz.
Hala H.
Es war die schwierigste Zeit in unserem Leben. Erst nach vier Jahren der Trennung sah ich meinen Mann wieder. Aber leider hat mein Sohn wegen diesem ungerechten Gesetz eine Ablehnung bekommen, weil er schon volljährig geworden ist. Wir versuchen immer noch ihm nachzuholen bislang gibt es keine Hoffnung. Mein Sohn hat seinen Vater seid ca 5 Jahren nicht gesehen, seitdem er 15 war. Das ist Ungerechtigkeit.
L.
Wir haben eine schwere Zeit erlebt, wir haben 3 Jahre gewartet.
Khaola S.
Es ist ein Unrecht und gegen die Menschlichkeit in Deutschland, es hat zum Zerfall vieler Familien und zu Scheidungen und zum Verlust von Kindern geführt.
Hoda A.
Was sind Menschenrechte für Sie? Wir bekommen nicht die Tierrechte, sondern leider den größten Betrug und Lügen. Komm schon Europa!
Batoul R.
Mein Sohn hat das Recht auf Familienzusammenführung verloren, weil der Familiennachzug immer wieder weiter ausgesetzt wurde. Er ist volljährig geworden. Es ist traurig, dass er von seiner Familie getrennt wurde.
Walid A.
Meiner Meinung nach ist das Gerede von Menschlichkeit, Humanismus, Kinderrechten, Frauenrechten, Menschenrechten und allgemeinen Rechten nur ein leeres Gerede.
Neslihan Ö.
Ich und mein Freund versuchen seit vier Jahren seine Familie her zu holen. Bis jetzt haben wir es nicht geschafft.
Saif A.
Ich bin sehr traurig wie lange der Familiennachzug dauert. Ich habe über zwei Jahre gewartet, nur um meine Familie oder meine Frau in meine Arme zu nehmen. Aber laut dem Gesetz, darf ich es nicht: Ich habe letzte Woche eine Ablehnung bekommen, nur weil ich neu geheiratet habe.
Lujain A.
Gott verzeihe euch nicht! Ihr habt viele Familien auseinander gerissen.
Unser Grundgesetz soll den Familien besonderen Schutz gewähren. Leider sind unsere Gesetze wohl nicht entsprechend ausgerichtet.
Vielen Dank für die Übersetzung.
Es ist sehr traurig von all den Schicksalen zu lesen.