Der Geburtstag meiner Tochter

Berlin, 11. Juni 2018: Redebeitrag zur Sachverständigenanhörung auf der Straße

An die Abgeordneten des deutschen Bundestages,

heute hat meine Tochter Geburtstag. Sie wird drei Jahre alt. Ich habe sie nur einmal in meinem Leben gesehen. Vor über drei Jahren musste ich mein Heimatland Syrien verlassen, da ich Verfolgung und Inhaftierung befürchtete. Ich wollte weg aus diesem Blutbad und der Zerstörung, aber es ist mir sehr schwer gefallen, mein Frau, die damals schwanger war, alleine zulassen.
Ich denke ich war nicht selbstsüchtig, als ich mein Leben riskierte, um das Meer zu überqueren. Ich wollte das Leben meiner Familie nicht aufs Spiel setzen, indem ich sie auf das Meer mitnehme. Aber jeden Tag stelle ich mir die Frage, ob das richtig oder falsch war.
Das BAMF gab mir den subsidiären Schutzstatus und hat ansonsten meinen Asylantrag abgelehnt, obwohl ich ihnen alle meine Gründe für meine Flucht darlegte und ihnen schilderte, wie ich von syrischen Behörden angegriffen wurde. Natürlich habe ich gegen die Entscheidung geklagt, aber leider gibt es immer noch keine Antwort oder eine Entscheidung vom Gericht.
Ich wartete geduldig auf den März 2018, den der Bescheid des BAMF beinhaltete die Mitteilung, dass ich ab März 2018 das Recht habe, mich wieder mit meiner Familie zu vereinen. Nun haben wir diese Erlaubnis doch nicht bekommen. Das ist schrecklich.
Ich habe mein Bestes getan, um mich in Deutschland zu integrieren und die Sprache zu lernen. Und ich habe ein Jahr als Security-Mitarbeiter im Schichtdienst gearbeitet.
Aber jetzt bin ich hoffnungslos und voller Trauer über die Trennung von meiner Tochter, die mich nicht kennt. In ihrem zweiten Lebensmonat konnte ich sie einmal im Libanon sehen, aber seitdem habe ich sie nicht wieder getroffen.

Ich hoffe, die Menschen in ihnen anzusprechen, meine Tragödie mitfühlend zu betrachten, und meinem Leiden ein Ende zu setzten.

Und nun spreche ich zu meiner Tochter: Ich hoffe, dass du mir verzeihst. Ich war nicht bei dir, deine Geburtstagskerzen sind erloschen und wir können nicht an deinem Geburtstag zusammen spielen, wie alle Familien es tun.

Nezar A.