Abdul Ali* lebt seit 2 Jahren und 3 Monaten in Berlin. Über die Hälfte dieser Zeit hat er in verschiedenen Krankenhäusern verbracht und acht Operationen hinter sich gebracht. Immer noch leidet er unter den körperlichen und seelischen Folgen von Folter. Denn in Syrien war er 11 Monate im Gefängnis und die „Polizei“ hat ihn geschlagen und schwer misshandelt.
Warum er mit diesen Erlebnissen keinen Flüchtlingsschutz bekommen hat, lässt sich ohnehin nur mit der bekanntermaßen willkürlichen und fehlerhaften Entscheidungspraxis des BAMF erklären.
Abduls Familie lebt in einem Flüchtlingscamp in Jordanien. Die Situation ist erbärmlich und perspektivlos: „Keine Wohnung, kein Essen“ fasst Abdul in einfachen Worten die Situation zusammen. Wir fragen ihn: Wenn in Deutschland keine Familienzusammenführung möglich ist, würde er dann nach Jordanien zu seiner Familie gehen? Das ist nicht möglich, sagt er, denn Jordanien würde ihm die Einreise nie erlauben. Außerdem werden immer wieder Abschiebungen aus Jordanien nach Syrien bekannt. Das kann er nicht riskieren.
Deutschkurse gab es im Krankenhaus nicht, deshalb konnte Abdul erst vor kurzem einen Deutschkurs beginnen. Sobald seine Deutschkenntnisse ausreichen, hat er gute Chancen eine Arbeitsstelle zu finden: Er ist Maschineningenieur. Aber das Lernen fällt ihm schwer. „Ich habe immer Angst und bin immer traurig. Ohne meine Familie kann ich nicht gesund werden“ sagt Abdul und beschreibt, dass ihn die Medikamente gegen Depressionen auch sehr müde machen und er sich schlecht konzentrieren kann. Sein Arzt erklärt seine ‚posttraumatischen Belastungsstörungen‘ auch damit, dass ihn die Angst um seine Familie retraumatisiert. Die Familienzusammenführung würden die Heilungschancen sehr verbessern, weiß der Arzt.
Ist es Abdul Alis Schuld, dass er noch keine Arbeitsplatz hat und auf Sozialleistungen angewiesen ist? Darf man ihn das Recht auf ein Familienleben verwehren, nur weil er krank ist? Dürfen deutsche Gesetze und Behörden ignorieren, dass er seine Familie für einen Heilungsprozess braucht?
D.L.
Dieser Text enstand im April 2018 nach Gesprächen mit Adbul Ali, er steht gern für Interviews zur Verfügung
*Name zu seinem Schutz geändert