Unser Trauma: Behördenwillkür

Morgen, am 1. August tritt das Gesetz zur Neuregelung des Familiennachzugs in Kraft. Für uns subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge bedeutet das: Wieder einmal sind wir der Willkür deutscher Behörden ausgeliefert.

Einerseits wird der Rechtsanspruch auf Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz abgeschafft. Das macht uns wütend, denn das steht eindeutig im Gegensatz zu Artikel 6, dem Grundrecht auf Ehe und Familienleben. Wir haben dem Grundgesetz vertraut, jetzt scheint es für uns nicht zu gelten. ndererseits haben wir alle die Hoffnung, dass unsere Familie bei den glücklichen 1000 im Monat dabei ist, die als „humanitäre Fälle“ einreisen dürfen.

Andererseits haben wir alle die Hoffnung, dass unsere Familie bei den glücklichen 1000 im Monat dabei ist, die als „humanitäre Fälle“ einreisen dürfen.
Wir rennen von Beratungsstelle zu Beratungsstelle und hören dort, dass sie viele Fragen zum neuen Gesetz auch noch nicht beantworten können, und wir ärgern uns, dass wir zu wenig gesicherte Informationen im Internet finden. Und niemand erfährt, wann endlich der Termin bei der Botschaft für den Visumsantrag sein wird.
Wir bemühen uns, möglichst viele Integrationsleistungen nachzuweisen: Wir arbeiten ehrenamtlich, in Schulen, Kindergärten, Altenheimen oder für Obdachlose, wir lernen Deutsch, wir akzeptieren jedes Jobangebot und jede Praktikumsmöglichkeit, wir nehmen an Qualifizierungsmaßnahmen teil, machen Erste-Hilfe- und Rettungskurse… Und trotzdem müssen wir immer Angst haben, dass das alles nicht reicht. Denn ob es reicht, ist eine Entscheidung „nach Ermessen“ der Behörden.
Unsere Familien müssen das Recht auf Schutz haben. Sie leben in Kriegsgebieten oder unter menschenunwürdigen Bedingungen in Übergangslagern oder auf der Straße. Ob in Syrien, im Libanon, in der Türkei oder in Jordanien: Wer von ihnen soll kein „humanitärer Fall sein? Auch darüber entscheidet das „Ermessen“.

Wir sind aus Staaten geflohen, in denen die Willkür herrscht – nun sind wir wieder der Willkür ausgeliefert. Das ist die selbe Behördenwillkür, die uns nur den subsidiären Schutz gegeben hat, statt den vollen Flüchtlingsschutz. Wir haben das Gefühl, ein Trauma wieder und wieder zu erleben.

Wir werden uns deshalb am 1. August vor dem Auswärtigen Amt versammeln. Wir verlangen endlich klare Informationen.

Protestkundgebung vor dem Auswärtigen Amt
Mittwoch 01.08.2018, 10:00 Uhr
Werderscher Markt 1, 10117 Berlin